Auswirkungen der Corona-Krise auf die Betriebsratsarbeit

Kontakte und persönliche Gespräche vermeiden, im Homeoffice arbeiten, Kurzarbeit: Die Corona-Pandemie beeinflusst die Arbeit der Belegschaft – und damit natürlich die deines Gremiums. Denn trotz aller Einschränkungen kommt es genau jetzt auf eine gute BR-Arbeit an. Doch wie kann sie gelingen? Gibt es pragmatische und trotzdem rechtliche saubere Lösungen? Schauen wir uns typische Situationen einfach mal genauer an …

Betriebsratssitzungen: Können diese regulär stattfinden, sollten Betriebsräte in deren Rahmen dem Vorsitzenden und den Ausschüssen erweiterte Kompetenzen übertragen, damit notwendige Maßnahmen durchgeführt werden können. Sind Sitzungen nicht mehr möglich, sollten über elektronische Kommunikation Aufgaben festgelegt werden. Dafür notwendige Beschlüsse müssen im Nachhinein gefasst werden. Wichtig ist dabei die Feststellung, dass alle gesetzlichen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte uneingeschränkt weiter gelten. Von Arbeitgebern vorgelegte Betriebsvereinbarungen, die mit eingeschränkten Rechten oder Einschränkungen verbunden sind, nicht unterschreiben!

Telefon- und Videokonferenzen: Darüber können Betriebsräte diskutieren und per Abstimmung Meinungsbilder erstellen. Auf dieser Grundlage können Betriebsratsvorsitzende gegenüber den Arbeitgebern Erklärungen abgeben und so handlungsfähig bleiben. Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, sollten diese Abstimmungen aus formalen Gründen in den nächsten regulären Betriebsratssitzungen wiederholt werden. Denn aus juristischer Sicht gibt es ein entscheidendes Problem: § 30 BetrVG schreibt vor, dass Betriebsratssitzungen nicht öffentlich sind. An den Sitzungen dürfen grundsätzlich nur Betriebsratsmitglieder teilnehmen, bei Verhinderung die entsprechenden Ersatzmitglieder. Plus: Die notwendige Vertraulichkeit ist nicht gewährleistet.

Daran ändert formal auch die Erklärung von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil vom 23.3.2020 nichts. Aber sind Betriebsratsvorsitzende der Meinung, dass die vom Bundesarbeitsminister genannten Voraussetzungen erfüllt sind, können sie die Gremien zu Telefon- oder Videokonferenzen einladen – unter Einhaltung aller vorgeschriebenen Formalien und der Sicherstellung, dass alle auf elektronischem Weg teilnehmen können.

Beschlüsse im Umlaufverfahren: Das BetrVG lässt das ausnahmslos NICHT zu. Herausragend wichtige Beschlüsse – beispielsweise zur Kurzarbeit – sollten deshalb unbedingt in einer (Sonder-)Sitzung gefasst werden. Als Alternative dazu bieten sich Telefon- oder Videokonferenzen an.

Beschlussfähigkeit trotz (Corona-)Erkrankung oder Quarantäne: Kann ein Betriebsratsmitglied aus diesen Gründen an einer Sitzung nicht teilnehmen, muss ein Ersatzmitglied geladen werden. Wichtig: Eine Teilnahme auf elektronischem Weg ist nicht möglich. Beschlussfähig bleibt das Gremium solange, wie die Mehrheit seiner gewählten Mitglieder zur Verfügung steht.

Betriebsversammlungen: Sind Betriebsversammlung durch die Corona-Krise nicht möglich, liegt kein Pflichtverstoß eines Betriebsrats vor. Die Kolleginnen und Kollegen sollten dann auf anderem Weg über aktuelle Gegebenheiten informiert werden.

Wirksam handeln: Eine gute Lösung zur Herstellung von Rechtssicherheit ist eine rechtsverbindliche und unwiderrufliche Erklärung des Arbeitgebers, dass er Betriebsratsbeschlüsse, die in der Zeit des Corona-Notstands gefasst wurden, nicht aus formalen Gründen anfechten oder gerichtlich prüfen lassen wird. Gleiches gilt für fristgebundene Beschlüsse, bei denen Zeitauflauf Zustimmung bedeuten würde. Diese Erklärung sollte auch nachträgliche Beschlussfassungen beinhalten, um Notfallentscheidungen später in einer regulären Sitzung zu bekräftigen. Zum persönlichen Schutz der Betriebsratsmitglieder sollte diese Erklärung zudem einen Verzicht auf Maßnahmen nach § 23 Abs. 1 BetrVG enthalten, die sich auf einschlägige Betriebsratsaktivitäten in der Corona-Phase beziehen. Außerdem ist ein Passus sinnvoll, dass dieses besondere Verfahren danach ersatzlos entfällt.

Diese Erklärung können Arbeitgeber sehr schnell abgeben. Sind sie dazu nicht bereit, kommt eine freiwillige Betriebsvereinbarung mit entsprechenden Inhalten in Betracht. Deren rechtskonformer Abschluss dauert aber länger und setzt die Durchführung einer Präsenzsitzung voraus, um auf der juristisch sicheren Seite zu sein.