Überwachung privater E-Mails im Büro

EGMR bremst Überwachung privater E-Mails im Büro

Der Arbeitgeber darf private E-Mails seiner Beschäftigten am Arbeitsplatz nur eingeschränkt überwachen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt auch dann, wenn private Mails am Arbeitsplatz verboten sind. Der Staat muss das Recht auf Privatsphäre auch gegenüber dem Arbeitgeber schützen – so der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR).

Der Fall ging schon mehrfach durch die Presse: Ein Arbeitnehmer in Bukarest war im Jahr 2007 von seinem Arbeitgeber gekündigt worden. Der Arbeitnehmer hatte auf seinem dienstlichen PC einen Yahoo-Messenger-Account installiert und darüber private Nachrichten verschickt, obwohl dies vom Unternehmen untersagt worden war. Der Arbeitgeber stellte fest, dass der Angestellte in einer einzigen Woche im Juli 2007 Mails im Umfang von etwa 45 Druckseiten verschickt hatte.

Gerichtshof hielt Kontrollen zunächst für zulässig

Der Arbeitnehmer hatte vor den Gerichten in Rumänien keinen Erfolg mit seiner Klage gegen die Kündigung. Auch seine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg blieb zunächst erfolglos. Eine Kammer des Gerichtshofs entschied am 12. Januar 2016, dass die Kündigung gerechtfertigt und die Kontrolle des Datenverkehrs durch das Unternehmen gerechtfertigt war.

Große Kammer betont Schutz der Privatsphäre

Diese Entscheidung hat die Große Kammer (Grand Chamber) des EGMR jetzt im Beschwerdeverfahren gekippt. Der Gerichtshof stellt fest, dass die Überwachung des Arbeitnehmers gegen das Recht auf Achtung des Privatlebens verstoßen habe, das in Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert ist. Dieses Recht sei auch in der rumänischen Verfassung und im rumänischen Strafgesetzbuch garantiert.

Was dürfen Arbeitgeber und was nicht?

Der Gerichtshof führt in seiner Entscheidung aus, der Arbeitgeber sei grundsätzlich berechtigt zu kontrollieren, wie die Beschäftigten ihre Aufgaben erfüllen.

Die Überwachung muss aber verhältnismäßig sein. Das setze regelmäßig voraus, dass der Arbeitgeber den Beschäftigten über die Möglichkeit zur Überwachung sowie Art und Umfang der Maßnahmen informiert.

Dies hätten die rumänischen Gerichte bei der Klage gegen die Kündigung prüfen müssen. Weiterhin hätten die Gerichte klären müssen, ob der Arbeitgeber einen legitimen Grund für die Kontrollmaßnahmen hatte und ob mildere Mittel zur Verfügung gestanden hätten, um einen etwaigen Verstoß gegen das Verbot der Privatkommunikation festzustellen.

Anspruch auf Schadensersatz

Da dies nicht erfolgte, stellte die Große Kammer des EGMR mit einer Mehrheit von 6:1 Richterstimmen fest, dass die rumänischen Gerichte das Recht des Arbeitnehmers auf Privatsphäre nicht geschützt haben und dass dem Kläger auf dieser Grundlage ein Schadensersatzanspruch gegen den rumänischen Staat zusteht.

Quelle:
©bund-verlag.de (ck)

Peter_VoigtPeter Voigt
Abteilung Arbeits- und Sozialrecht

 

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