Mitbestimmung – Warum eine mitbestimmungswidrige Personalauswahl gültig ist

Das Verwenden einer mitbestimmungswidrig erstellten Auswahlrichtlinie hat keine Auswirkungen auf die personelle Einzelmaßnahme. Jedenfalls kann der Betriebsrat seine Zustimmung zu einer Einstellung nicht auf dieser Basis verweigern – so das LAG Köln.

Das war der Fall

Eine Rettungswache stellt einen neuen Rettungssanitäter ein. Dafür ist die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich. Für das Auswahlverfahren bei Neueinstellungen gibt es in dem Betrieb eine Bewertungsmatrix, die hier allerdings – als eine Art Auswahlrichtlinie – ohne Zustimmung des Betriebsrats zustande kam. Unter Verwendung dieser mitbestimmungswidrig zustande gekommenen Bewertungsmatrix entscheidet der Arbeitgeber sich für einen externen Bewerber, der nach der Matrix mehr Punkte erhält als ein interner Bewerber, der zugleich im Betriebsrat ist. Der Betriebsrat verweigert die Zustimmung zu der Neueinstellung, da die Bewertungsmatrix ohne Mitbestimmung erstellt und damit unwirksam sei. Dies hält der Arbeitgeber für irrelevant.

Das sagt das Gericht

Das Gericht gibt dem Arbeitgeber recht. Der Betriebsrat hat hier trotz mitbestimmungswidrig zustande gekommener Auswahlrichtlinie kein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 BetrVG.

Kein Verstoß gegen ein Gesetz

Nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG besteht für den Betriebsrat ein Zustimmungsverweigerungsrecht, wenn die Maßnahme selbst (also hier die Einstellung) gegen ein Gesetz verstößt. Das sei aber- so das Gericht – bei der Verwendung einer entgegen § 95 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ohne Zustimmung des Betriebsrats aufgestellten Auswahlrichtlinie nicht der Fall.

Kein Richtlinien-Verstoß

Auch das Verwenden einer mitbestimmungswidrig erstellten Auswahlrichtlinie begründet kein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats. Denn nach § 99 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG kann sich der Betriebsrat nur gegen Einstellungen wehren, die gegen eine Auswahlrichtlinie verstoßen. Auch die weiteren in § 99 Abs. 2 Nr. 3 bis Nr. 6 BetrVG genannten Gründe, aus denen der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern kann, helfen in diesem Falle nicht weiter.

Das muss der Betriebsrat beachten

Man muss höllisch aufpassen: Das Verwenden einer mitbestimmungswidrigen Auswahlrichtlinie hat zunächst noch keine Auswirkungen auf die personelle Einzelmaßnahme selbst. Dadurch allein entsteht noch kein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG. Der Betriebsrat hat vielmehr die Möglichkeit, sein Mitbestimmungsrecht aus § 95 Abs. 1 BetrVG auf andere Weise effektiv durchzusetzen. Anders verhält es sich bei einem Verstoß gegen eine mitbestimmte Richtlinie. Dies zieht ein entsprechendes Zustimmungsverweigerungsrecht gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG nach sich.

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Quelle

LAG Köln (19.11.2021)
Aktenzeichen 9 TaBV 15/21