BAG: Verfallklausel für Mindestlohn ist unwirksam

Arbeitsverträge enthalten oft Ausschlussfristen, so genannte »Verfallklauseln«. Diese regeln, bis wann ein Arbeitnehmer einen Anspruch geltend machen kann. Eine Klausel, die den Anspruch auf Mindestlohn einschränkt oder nicht zwischen dem Mindestlohn und anderen Ansprüchen unterscheidet, ist unwirksam – so das BAG.


Der Arbeitnehmer war als Fußbodenleger beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag legt einen Stundenlohn von 11,10 € brutto und eine Arbeitszeit von 8 Stunden pro Tag fest. Der Vertrag bestimmt, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn die jeweilige Partei sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend macht.
Der Arbeitgeber kündigte dem Fußbodenleger. Das Arbeitsverhältnis sollte zum 15.8.2016 enden. Am 6.10.2016 erhielt der Arbeitnehmer die Abrechnung für August 2018 und stellte fest, dass der Arbeitgeber ihm den noch nicht genommenen Urlaub (19 Tage) nicht abgegolten hatte. Am 17.1.2017 klagte der Bodenleger. Sein früherer Arbeitgeber berief sich vor Gericht darauf, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung mittlerweile verfallen sei. Der Kläger hätte ihn nicht rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht. Das Arbeitsgericht gab dem Kläger Recht, das Landesarbeitsgericht (LAG) wies seine Klage auf die Urlaubsabgeltung ab (LAG Hamburg 31.1.2018 – 33 Sa 17/17).

BAG: Verfallklausel ist insgesamt unwirksam

Vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte wieder der Kläger Erfolg: Der Neunte Senats des BAG entschied, dass der Bodenleger Anspruch auf die Abgeltung von 19 Urlaubstagen mit 1.687,20 Euro brutto hat. Der Anspruch ergibt sich aus §7 Abs. 4 BUrlG.
Er musste seinen Anspruch nicht innerhalb der vertraglichen Ausschlussfrist geltend machen. Die Ausschlussklausel ist unwirksam, weil sie nicht klar und verständlich ist (sog. Transparenzgebot). Die Klausel unterliegt als vom Arbeitgeber vorformulierte Bedingung den Regeln für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).
Die Verfallklausel verstößt nach Auffassung der Richter gegen §307 Abs. 1 Satz 2 BGB (Transparenzgebot). Denn sie nimmt den ab 1. Januar 2015 zu zahlenden gesetzlichen Mindestlohn nicht von der Drei-Monats-Frist aus. §3 Mindestlohngesetz (MiLoG) erklärt aber Vereinbarungen ausdrücklich für unwirksam, die den Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken.
Deshalb ist die Verfallklausel insgesamt unwirksam und kann auch nicht für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung aufrechterhalten werden (§306 BGB), so dass der Kläger seine Forderung auch noch nach Verstreichen der Drei-Monats-Frist durchsetzen konnte.

Hinweis für die Praxis:

Das BAG weist in seiner Pressemitteilung ausdrücklich darauf hin, dass ein Verstoß gegen §3 MiLoG eine vom Arbeitgeber vorformulierte Verfallklausel insgesamt unwirksam macht – jedenfalls dann, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31. Dezember 2014 geschlossen wurde.

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