Betriebsrat bestimmt bei Zeiterfassung mit

Bei der Frage, ob im Unternehmen ein elektronisches System zur Arbeitszeiterfassung eingeführt wird, hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm dem Betriebsrat umfassende Rechte eingeräumt. Abweichend zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vertritt das LAG die Überzeugung, dass der Betriebsrat die Einführung einer elektronischen Zeiterfassung verlangen kann.

Das war der Fall

In dem Verfahren führte der Betriebsrat einer stationären Wohneinrichtung im Rahmen der Eingliederungshilfe seit 2017 Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit. Diese wurde 2018 mit dem Arbeitgeber geschlossen. Über eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeiterfassung wurde verhandelt, ohne dass es zu einer Einigung kam.

Auch im Einigungsstellenverfahren fanden Arbeitgeber und Betriebsrat nicht zueinander. Der Arbeitgeber lehnte die Zuständigkeit der Einigungsstelle ab, da dem Betriebsrat aus seiner Sicht kein Initiativrecht hinsichtlich der Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems zustehe. Der Betriebsrat klagte daraufhin auf Feststellung eines Initiativrechts bei der Einführung einer elektronischen Zeiterfassung.

So entschied das Gericht

Dem Betriebsrat steht laut LAG Hamm ein Initiativrecht zu, womit das Gericht von einem Beschluss des BAG abweicht (Beschluss vom 28.11.1989, Az.: 1 ABR 97/88). Die übereinstimmende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur gehe heute davon aus, dass im Sinne eines Mitgestaltungsrechts grundsätzlich auch dem Betriebsrat die Initiative zukommen kann, in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten Verhandlungen aufzunehmen und zu verlangen. Das entspreche auch dem gesetzgeberischen Willen des BetrVG 1972.

§ 87 BetrVG enthalte in seiner Eingangsformulierung keine Aufspaltung der Mitbestimmungsrechte in solche mit und ohne Initiativrecht. Der Gesetzgeber habe stattdessen Einschränkungen des Oberbegriffs der Mitbestimmung in § 87 Abs. 1 BetrVG in der Weise vorgenommen, dass er einzelne Mitbestimmungsrechte wie § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG so formuliert hat, dass dort lediglich Form, Ausgestaltung und deren Verwaltung mitbestimmungspflichtig sind, woraus sich laut LAG Hamm ohne Weiteres ergibt, dass aufgrund der ausdrücklich gewählten Formulierung in § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG ein Initiativrecht nicht besteht. Eine vergleichbare Einschränkung findet sich in § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht. Dort ist ausdrücklich die Einführung technischer Einrichtungen beschrieben. Deshalb kann der Streit um das Initiativrecht auch Inhalt des Einigungsstellenverfahrens sein.

Das muss der Betriebsrat wissen

Entscheidend ist hier, dass das LAG Hamm einen anderen Weg als das BAG in der damaligen Entscheidung einschlägt, in der es noch davon ausging, dass der Betriebsrat die technischen Einrichtungen, bei deren Einführung er ein Abwehrrecht im Rahmen der Mitbestimmung habe, gerade nicht per Initiativrecht selbst einfordern könne. Daran hält das LAG nicht fest, so wie es bereits in der Kommentarliteratur und bei anderen Gerichten üblich ist.  

Es bleibt abzuwarten, wie das BAG hier entscheidet. Die Rechtsbeschwerde wurde eingereicht und auch zugelassen.

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