Wenn Betriebsratsmitglieder für eine Sitzung absagen, muss der Vorsitzende die Ersatzmitglieder einladen, rechtzeitig und in der richtigen Reihenfolge. Stimmt der Betriebsrat unterbesetzt ab, ist der Beschluss unwirksam – und das kann teuer werden.
Im Fall bestand ein neunköpfiger Betriebsrat. In der Betriebsratssitzung am 16.3.2017 wurde die Teilnahme von Mitglied I. an einer Schulung beschlossen. Zur Sitzung waren 7 Betriebsratsmitglieder anwesend. Ein Mitglied war erkrankt. Dafür wurde als Ersatz C. geladen. C. war aber nicht das Mitglied, das der Reihenfolge entsprechend eingeladen werden musste.
Sowohl C als auch ein weiteres Betriebsratsmitglied sind der Sitzung ferngeblieben, so dass nur 7 Mitglieder anwesend waren. In der Anwesenheitsliste wurde für beide die Bemerkung „Ist am Arbeitsplatz“ eingetragen. Eine weitere Betriebsratssitzung erfolgte am 6.4.2017 wieder in der gleichen Konstellation wie vorher. Hier wurde beschlossen, gegen den Arbeitgeber gerichtlich vorzugehen, wenn dieser weiterhin die Kostentragung für die Schulung verweigert.
Wirksamer Betriebsratsbeschluss nur bei Teilnahme der »richtigen« Betriebsratsmitglieder
Grundsätzlich muss zwingend ein wirksamer Betriebsratsbeschluss vorliegen, damit der Arbeitgeber überhaupt zur Kostenübernahme von Schulungen verpflichtet werden kann. Dies ergibt sich aus § 37 Abs. 6 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Voraussetzung dafür ist, dass die Ladung aller Betriebsratsmitglieder einschließlich etwaiger Ersatzmitglieder nach Maßgabe des § 25 Abs. 1 BetrVG erfolgt ist. Es kommt entscheidend auf die Reihenfolge der einzuladenden Betriebsratsmitglieder an. Es muss immer das folgende Ersatzmitglied der Reihe nach eingeladen werden. Ist fälschlicherweise ein Betriebsratsmitglied an der Beschlussfassung beteiligt, welches nach der Reihenfolge der Ersatzmitglieder nicht hätte teilnehmen dürfen, ist der Beschluss unwirksam. Die Folge im konkreten Fall: Der Arbeitgeber musste die Schulungskosten nicht tragen, weil die Mitglieder nicht entsprechend der Reihenfolge der Ersatzmitglieder eingeladen worden waren – der Beschluss war dadurch unwirksam. Um solche fatalen Folge zu verhindern, muss genauestens geprüft werden, wer zur Sitzung eingeladen wird und ob ein echter Verhinderungsfall vorliegt.
Verhinderungsfall eines Betriebsratsmitgliedes
Der Arbeitgeber hat die Betriebsratsmitglieder für die Betriebsratstätigkeit von der Arbeitsleistung freizustellen. Dies ist der Grundsatz. Ein Betriebsratsmitglied kann an der Teilnahme einer Betriebsratssitzung aber auch zeitweilig verhindert sein. Dies ist der Fall, wenn es aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht in der Lage ist, die anstehenden Amtsgeschäfte wahrzunehmen. Dazu gehört auch eine betriebliche Unabkömmlichkeit als Betriebsratsmitglied, weil die geschuldete Arbeitsleistung unbedingt im Interesse wartender Kunden oder zur Behebung eines Notfalles sofort erbracht werden muss. In einem derartigen Interessenkonflikt muss das Betriebsratsmitglied entscheiden, welchen Pflichten es den Vorrang einräumt. Teilt das Betriebsratsmitglied sodann dem Betriebsratsvorsitzenden mit, dass die Arbeit erbracht wird und keine Teilnahme an der Betriebsratssitzung erfolgt, kann der Betriebsratsvorsitzende von einem Verhinderungsfall nach § 29 Abs. 2 Satz 6 BetrVG ausgehen. Bestehen Anhaltspunkte für eine pflichtwidrige Entscheidung des Betriebsratsmitgliedes, muss der Betriebsratsvorsitzende den Hinderungsgrund nachprüfen.
Vorliegend haben die Ersatzmitglieder die Teilnahme telefonisch abgesagt. Für eine positive Entscheidung hätte der Betriebsratsvorsitzende im Prozess darlegen müssen, welche konkreten Anhaltspunkte ihm für ein pflichtwidriges Verhalten der beiden von ihm geladenen Amtsträger vorgelegen haben und warum er trotzdem darauf verzichtete, kurzfristig andere Ersatzmitglieder zu laden und stattdessen die Sitzung nur mit 7 statt mit 9 Betriebsratsmitgliedern durchführte.
Praxistipp
Die Reihenfolge der gewählten Betriebsratsmitglieder einschließlich aller Ersatzmitglieder sollte immer griffbereit sein. Sagt ein Betriebsratsmitglied seine Teilnahme ohne Begründung ab, ist in jedem Fall der Grund zu hinterfragen. Erfolgt die Absage mit Grund, so muss der Betriebsratsvorsitzende entscheiden, ob der Verhinderungsfall akzeptabel ist oder nachgefragt werden muss, weil der Fall nicht stichhaltig erscheint. Wird beispielsweise die Sitzungsteilnahme mit dem Grund abgesagt, man wisse nicht wie lange die Sitzung dauere und man habe am Tag noch etwas Privates vor, so ist dies sicher kein Grund die Teilnahme zu verweigern.
Quelle:
© bund-verlag.de (mk)
Autor:
Margit Körlings, DGB Rechtsschutz GmbH
LAG Hamm (08.12.2017)
Aktenzeichen 13 TaBV 72/17
Isabel Eder
Abteilung Mitbestimmung
SeminarTipp
BR 1 – 1 x 1 für Betriebsräte
vom 12.03.2018 bis 16.03.2018
im Pfalzhotel Asselheim