Der Personalchef bittet wegen eines Fehlverhaltens zum Mitarbeitergespäch

Generelle Einladung des Betriebsrates zum Mitarbeitergespräch ist unzulässig

Der Personalchef bittet wegen eines Fehlverhaltens zum Mitarbeitergespräch. Die Situation ist denkbar unangenehm. Wohl dem Arbeitnehmer, der einen starken Betriebsrat zur Unterstützung an seiner Seite weiß. Lädt der Arbeitgeber aufgrund einer Regelung in einer Betriebsvereinbarung zu jedem Mitarbeitergespräch immer gleich den Betriebsrat ein, so ist darin ein Verstoß gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des betroffenen Arbeitnehmers zu sehen.

Muss der zum Mitarbeitsgespräch Aufgerufene beim Arbeitgeber erscheinen?

Eine Pflicht zur Teilnahme am Gespräch lässt sich als Nebenpflicht des Arbeitsverhältnisses herleiten. Wenn es also beispielsweise um arbeitsorganisatorische Ablaufe geht, kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrecht nach § 106 GewO zum Gespräch bitten. Gleichzeitig hat der Arbeitnehmer aber auch ein Recht auf Anhörung und Stellungnahme in allen betrieblichen Angelegenheiten, die die eigene Person betreffen, § 82 BetrVG.

Wann können Beschäftigte den BR hinzuziehen?

Ein Anspruch auf Hinzuziehung des Betriebsrates beschränkt sich auf die gesetzlich geregelten Anlässe nach § 81 Absatz 4 (Änderung des Arbeitsplatzes), § 82 Absatz 2 (Entgeltabrechnung, Leistungsbeurteilung, Entwicklung), § 83 Absatz 1 (Einsicht Personalakte) und § 84 Absatz 1 BetrVG (Beschwerderecht). Mit Ausnahme für die Einsicht in die Personalakte gilt dies auch für Leiharbeitnehmer.

Der Arbeitnehmer kann hierbei ein bestimmtes Gremiumsmitglied des Vertrauens zur Unterstützung auswählen. Ziel des Hinzuziehungsrechts ist es, ein Gespräch auf Augenhöhe mit demselben Wissenshintergrund zu ermöglichen und im Falle von Streitigkeiten einen Zeugen zu haben.

Ein Recht auf Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes als betriebsfremde Person besteht dagegen grundsätzlich nicht. Ausnahmsweise kann eine Hinzuziehung jedoch vom Arbeitgeber nicht verweigert werden, wenn der Arbeitgeber selbst einen Rechtsanwalt hinzuzieht (Grundsatz der Waffengleichheit) oder es im Gespräch beispielsweise um eine Verdachtskündigung gehen soll.

Entscheidung des BAG vom 11.12.2018 – 1 ABR 12/17

Entgegen der Regelung in einer Rahmenbetriebsvereinbarung und bis dahin langjährigen Praxis verweigerte die Personalabteilung die Einladung des Betriebsrates zu Mitarbeitergesprächen. In der betrieblichen Regelung hieß es:

„Zu Gesprächen, die im Rahmen des Prozesses zur Unternehmens-, Organisations- und Personalentwicklung zwischen Geschäftsleitung, Abteilungsleitung und den Arbeitnehmern stattfinden, in denen es sich um disziplinarische (arbeitsrechtliche) Maßnahmen handelt, wird der Betriebsrat gleichzeitig zu Gesprächen eingeladen.“

Nach Auffassung des BAG verstößt diese Regelung gegen § 75 Absatz 2 BetrVG iVm. Art 2 Absatz 1, Artikel 1 Absatz 1 GG, weil hierin eine Pflichtverletzung der Betriebsparteien bestehe, die freie Entfaltung der Persönlichkeit der beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern.

Die an das gesamte Gremium gerichtet Einladung offenbart zunächst allen Mitgliedern des Betriebsrates, dass dem betroffenen Arbeitnehmer eine disziplinarische Maßnahme droht. Damit kann der Arbeitnehmer nicht mehr frei entscheiden, ob er den Betriebsrat überhaupt informiert wissen möchte und welches Betriebsratsmitglied in Kenntnis gesetzt werden soll. Außerdem könne der Arbeitnehmer weder nach dem Wortlaut, noch der Systematik der betrieblichen Regelungen frei über die Hinzuziehung eines bestimmten Betriebsratsmitgliedes entscheiden. Damit wird das Wahlrecht des Arbeitnehmers in unzulässiger Weise beschränkt.

Fazit

Ein Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Arbeitnehmers muss immer verhältnismäßig sein. Genau daran fehlt es hier. Denn das Persönlichkeitsrecht des betroffenen Arbeitnehmers überwiegt den Zweck der Betriebsratsbeteiligung. Die angedachte Verfahrensweise ist weder erforderlich, noch angemessen. Im Übrigen fehlt nach Auffassung des BAG eine Regelung, die dem am Gespräch teilnehmenden Betriebsratsmitglied eine Pflicht zur Verschwiegenheit auferlegt, da § 79 Absatz 1 Satz 1 BetrVG insoweit nicht greife. Fraglich dürfte dann weiter sein, ob die Regelung der Verschwiegenheit in allen Fällen wirksamen Schutz bietet. Lässt sich der Arbeitnehmer beispielsweise zu strafrechtlich relevanten Vorwürfen ein, kann die Staatsanwaltschaft den Betriebsrat im Strafprozess als Zeugen vernehmen, ohne das es für den Betriebsrat ein Zeugnisverweigerungsrecht gibt. Bei der Beteiligung des Betriebsrates im Mitarbeitergespräch ist also Fingerspitzengefühl gefragt.

Autor Nicolas Ballerstaedt