Begehen Mitarbeiter Arbeitszeitbetrug, können Arbeitgeber ihnen fristlos kündigen. Eine Abmahnung soll entbehrlich sein, wenn der Beschäftigte seine Tat geleugnet und verschleiert hat. Das soll auch bei einem einmaligen Vergehen – hier einem Arbeitszeitbetrug von zehn Minuten – gelten, entschied kürzlich das LAG Hamm.
Das war der Fall
In einem Betrieb mit elektronischer Zeiterfassung müssen sich die Beschäftigten bei Arbeitsbeginn ein – und bei Pausen oder bei Beendigung ausstempeln. Die Klägerin arbeitet dort als Raumpflegerin. Sie ist mit einem Grad der Behinderung von 100 Prozent schwerbehindert.
Am 8. Oktober verließ die Klägerin kurz nach dem Einstempeln und Arbeitsbeginn den Betrieb, um in einem dem Betrieb gegenüberliegenden Café einen Kaffee zu trinken. Dabei wurde sie von ihrem Chef beobachtet. Von diesem angesprochen, leugnete sie ihr Verhalten zuerst. Erst als der Chef ihr anbot, ihr die „Beweisfotos“ auf seinem Mobiltelefon zu zeigen, räumte sie ihr Verhalten ein.
Der Arbeitgeber kündigte ihr fristlos, nachdem er die Zustimmung des Inklusionsamts eingeholt hatte. Die Raumpflegerin hält die Kündigung für unverhältnismäßig, da es sich um ein eimaliges Vergehen gehandelt habe.
Das sagt das Gericht
Die Kündigung war rechtmäßig, entschied das LAG Hamm. Der Arbeitgeber kann fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§ 626 BGB) und ihm daher die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar ist. Bei vorsätzlichem Missbrauch einer Stempeluhr sei das der Fall – so das Gericht. Der Vertrauensbruch sei enorm. Der Arbeitgeber müsse auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können.
Abmahnung hier entbehrlich
Zwar steht hier nur ein einmaliger Arbeitszeitbetrug von ca. zehn Minuten fest. Andere Gerichte haben bei einer solch kurzen Zeitspanne eine Abmahnung verlangt (so z. B. das LAG München 14.1. 2021 – 3 Sa 836/20).
Das LAG Hamm kommt hier aber zu der Überzeugung, dass eine Abmahnung nicht dazu geführt hätte, dass die Beschäftigte ihr Verhalten ändert. Als besonders gravierend wertete das Gericht hier ihr „Nachtatverhalten“, da sie ihren Chef auf Anfrage angelogen und den Betrug zunächst geleugnet und verschleiert hatte.
Das muss der Betriebsrat wissen
Man sollte wissen, dass die Arbeitsgerichte auch bei „kleineren“ Vergehen zuweilen harten Sanktionen des Arbeitgebers zustimmen. Besonders wichtig ist, wie sich die Beschäftigten verhalten, ob sie versuchen ihr Fehlverhalten zu verschleiern oder ob sie sich reuig zeigen. Arbeitnehmer, die bei der Arbeitszeitgestaltung große Freiräume haben, sind bei Fehldokumentationen rasch dem Vorwurf des Betrugs ausgesetzt.
© bund-verlag.de (fro)
Quelle
LAG Hamm (27.01.2023)
Aktenzeichen 13 Sa 1007/22
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Übrigens: Hier könnt ihr euch ein weiteres Urteil zum Thema „Fristlose Kündigung“ durchlesen.
Spannendes Thema! Gerade im Arbeitsrecht scheint es oft sehr feine Abgrenzungen zu geben, wie dieser Fall der fristlosen Kündigung zeigt. Den Punkt, dass die Ablehnung einer Abmahnung vom Gericht in diesem Fall als hinreichend für die Kündigung gesehen wurde, finde ich besonders bemerkenswert. Erscheint es aus juristischer Perspektive als sinnvoll, eine Grenze für die „Schwere“ eines Vergehens zu ziehen, bei der eine Abmahnung noch zielführend wäre? Dies scheint mir eine interessante Frage für zukünftige Debatten im Arbeitsrecht. In der Praxis könnte es hilfreich sein, ein Portal zu haben, das Menschen dabei unterstützt, die Feinheiten im Arbeitsrecht besser zu verstehen – vor allem, wenn sie auf der Suche nach effektiven Lösungswegen sind.
Harte Entscheidung. Da kann wohl auch ein Anwalt für Arbeitsrecht kaum was tun, denn die Rechtslage ist klar. So eine Tat ist aber auch wirklich fahrlässig und töricht.