Arztbesuch während Arbeitszeit

Arztbesuch als Arbeitszeit?

Ein Tarifvertrag kann vorsehen, dass ein Beschäftigter sich die Zeiten für eine ärztliche Untersuchung als Arbeitszeit gutschreiben lassen kann. Gilt der Tarifvertrag für die Metallindustrie Nordrhein-Westfalen, zählen dafür die Zeiten für Untersuchungen, das Warten beim Arzt und die Wegezeit – so das LAG Hamm.

Das war der Fall

Ein Beschäftigter, für den der Tarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie NRW gilt, hat einen Schlaganfall erlitten. Für weitere Untersuchungen wird er in die Gerinnungsambulanz der Universitätsklinik verwiesen, die fast 80 km entfernt liegt. Am Tag der Untersuchung erbringt er keine Arbeitsleistung. Der Arbeitgeber weigert sich, die Zeiten auf das Arbeitszeitkonto zu buchen. Er sei nicht erforderlich gewesen, den Termin während der Arbeitszeit zu legen.

Das sagt das Gericht

Der Beschäftigte bekommt Recht. Er hat Anspruch auf bezahlte Freistellung für die ärztliche Untersuchung nach MTV. Es habe sich um eine Spezialuntersuchung gehandelt, für die der hier einschlägige Tarifvertrag eine bezahlte Freistellung vorsieht. Eine Spezialuntersuchung ist nach der Rechtsprechung immer Folge einer Überweisung an den Spezialisten bzw. an eine Klinik wegen einer Leistung, die der überweisende Arzt selbst nicht erbringen kann. Die „unvermeidliche Ausfallzeit“ umfasst dabei die zur Behandlung erforderliche Zeit, die Wartezeit beim Arzt oder der Einrichtung, die die Behandlung durchführt, sowie eine notwendige Wegezeit.

Das ist wichtig für die Praxis

Einen grundsätzlichen Anspruch für eine bezahlte Freistellung zum Zwecke eines Arztbesuches haben Beschäftigte nicht. Arzttermine sind Privatsache und dürfen laut Gesetz nur im Ausnahmefall während der Arbeitszeit erledigt werden. Das heißt: im Grundsatz werden Arztbesuche nicht vergütet.

Eine Ausnahme besteht bei medizinischen Notfällen, oder wenn Arzttermine nur während der Arbeitszeit liegen können, weil der Facharzt nur dann Sprechstunde hat. Zudem gibt es – wie hier – in vielen Tarifverträgen konkrete Regelungen, ob und wann Ausfallzeiten für Arzttermine gutgeschrieben werden.

Ein Tipp für Betriebsräte: Wenn solche Tarifbestimmungen auch für Euren Betrieb gelten, könnt Ihr sie einmal im Jahr auf einer Betriebsversammlung oder in Abteilungsversammlungen bekannt machen!

© bund-verlag.de (fro)

Quelle

LAG Hamm (31.08.2023)
Aktenzeichen 15 Sa 467/23

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