Betriebsrat und Arbeitgeber streiten darüber, ob der Betriebsrat verpflichtet ist, bei Fahrten zu Schulungsveranstaltungen Fahrgemeinschaften zu bilden oder ob jeder einzeln mit seinem Privatwagen anreisen kann.
Das spielt vor allem für die Kostenerstattung eine wichtige Rolle.
Reisekosten zu Schulungsveranstaltungen des Betriebsrats muss der Arbeitgeber zahlen. Doch es gibt Grenzen. Um Kosten zu sparen, müssen mehrere Betriebsratsmitglieder für die Anreise Fahrgemeinschaften bilden. Ausnahmen gelten nur, wenn sich jemand dadurch in Gefahr begibt – so wiederholt das BAG.
Das war der Fall
Zwei Betriebsratsmitglieder nehmen an derselben Schulungsveranstaltung teil. Beide rechnen jeweils ihre Kosten für die Reise gegenüber dem Arbeitgeber mit einem Kilometersatz von 0,30 Euro zuzüglich der Parkgebühren ab. Der Arbeitgeber erstattete nur jeweils die Hälfte der geltend gemachten Reisekosten mit der Begründung, die beiden Betriebsratsmitglieder hätten eine Fahrgemeinschaft bilden können.
Das sagt das BAG
Der Arbeitgeber trägt die Kosten der Betriebsratsarbeit (§ 40 Abs. 1 BetrVG). Dazu gehören die Kosten für Seminare und Schulungen und die Anreise zu den Schulungsorten. Prämisse ist nur, dass das in der Schulung vermittelte Wissen erforderlich ist (§ 37 Abs. 6 BetrVG).
Allerdings muss der Betriebsrat auf Kostenminimierung achten. Denn es gilt zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat das Gebot der »vertrauensvollen Zusammenarbeit« (§ 2 Abs. 1 BetrVG). Der Betriebsrat darf den Arbeitgeber nur mit Kosten belasten, die er für angemessen halten darf.
Fahrgemeinschaft ist zumutbar
Das Betriebsratsmitglied hat für Reisen zu Schulungsveranstaltungen grundsätzlich das kostengünstigste zumutbare Verkehrsmittel zu wählen. Dabei ist das Betriebsratsmitglied grundsätzlich nicht verpflichtet, seinen privaten Pkw einzusetzen. Entschließt es sich aber, bei einer von mehreren Betriebsratsmitgliedern durchzuführenden Reise seinen privaten Pkw zu nutzen, ist es für ihn und die anderen Betriebsratsmitglieder nach der Rechtsprechung des BAG grundsätzlich zumutbar, eine Fahrgemeinschaft zu bilden.
Dies gilt nur dann nicht, wenn die Bildung einer Fahrgemeinschaft aufgrund besonderer, vom Betriebsratsmitglied darzulegender Umstände im Einzelfall als nicht zumutbar erscheint. Das ist beispielsweise – so das BAG – der Fall, wenn die begründete Besorgnis besteht, dass der Mitfahrende sich dadurch in eine besondere Gefahr begibt.
Die Bildung von Fahrgemeinschaften ist nach Meinung des BAG nicht aufgrund von allgemeinen Unfall-, Verletzungs- und Haftungsrisiken des Straßenverkehrs unzumutbar. Diesen Risiken setze sich – so die Richter – ein Betriebsratsmitglied bereits dadurch aus, dass es sich aufgrund eigenen Willensentschlusses für die Fahrt mit dem Pkw entscheidet. Im Übrigen ist das Betriebsratsmitglied gegen diese Risiken versichert.
Das muss der Betriebsrat wissen
Diese Rechtsprechung des BAG ist sehr umstritten. Die Frage, ob mehrere Betriebsratsmitglieder zur Anreise einer Schulungs- oder Seminarveranstaltung eine Fahrgemeinschaft bilden müssen, sehen viele LAGs und einige BetrVG-Kommentatoren anders. So vor allem Peter Wedde in DKKW-BetrVG-Kommentar, 16. Auflage, § 40 Rn. 68: Er argumentiert, dass die Betriebsratsmitglieder aufgrund »vielfältiger Risiken und Probleme (Haftung, Fahrstil, persönliche Beziehungen) nicht verpflichtet sind, mitzufahren.«
Doch solange sich das BAG auf den Standpunkt stellt, dass Fahrgemeinschaften zumutbar sind, wird man das berücksichtigen müssen. Man riskiert im schlimmsten Fall, auf den Reise- bzw. Fahrtkosten sitzen zu bleiben, wenn man sich der Mitfahrt in einer Fahrgemeinschaft verweigert.
© bund-verlag.de (fro)
- fahrgemeinschaft: © nadia_snopek | Adobe Stock