Betriebsratsarbeit im Schichtbetrieb
Die Nachtschicht läuft von 22.00 bis 06.00 Uhr, die Betriebsratssitzung ist für 13.00 Uhr angesetzt und danach soll es dann wieder zur Nachtschicht gehen. Im Schichtbetrieb ist es oftmals unmöglich den perfekten Zeitraum für eine Betriebsratssitzung zu finden, insbesondere, wenn die Kollegen aus allen Schichten kommen.
Ein eher akademischer Streit dreht sich hier um die Frage, ob die Betriebsratsarbeit gleichzeitig Arbeitszeit ist. Die praktisch relevanten Fragen sind:
- Müssen die Ruhezeiten vor der Betriebsratssitzung eingehalten werden?
- Wie wird der Betriebsratskollege freigestellt, der außerhalb seiner Arbeitszeit an der Betriebsratssitzung teilnimmt
- Wie wird die Betriebsratsarbeit außerhalb der persönlichen Arbeitszeit vergütet?
Rechtsprechung des BAG
In seiner letzten Entscheidung hat das BAG (Urteil vom 18. Januar 2017 – 7 AZR 224/15) die Frage nach der Arbeitszeit bewusst nicht beantwortet. Allerdings hat es erstes einen Anspruch auf Freistellung gemäß § 37 Absatz 2 BetrVG für die Zeiten der Betriebsratsarbeit außerhalb der persönlichen Arbeitszeit anerkannt und zweitens die Betriebsratsarbeit im oben dargestellten Fall quasi wie Arbeitszeit behandelt. Das BAG überträgt die Wertung des § 5 ArbZG nämlich auch auf die Situation einer bevorstehenden Betriebsratssitzung und hat entschieden, dass die Fortsetzung der Arbeit wegen dieser Sitzung in der vorangehenden Nachtschicht unzumutbar sein kann. Damit sind die Ruhezeiten einzuhalten. Der treibende Gedanke dabei ist, dass der Betriebsrat seine Aufgaben natürlich erstens im Rahmen seiner gesetzlichen Pflichten und zweitens im Interesse des Betriebes und der Belegschaft erfüllt. Dies kann der Betriebsrat aber nur mit wachem Kopf.
Nicht entschieden hat das BAG übrigens über die Frage, was mit der sich an die – beispielsweise dreistündige – Betriebsratssitzung anschließenden Nachtschicht geschieht. Es spricht einiges dafür, die Zeiten der Betriebsratsarbeit auch hier mit Blick auf das ArbZG und die täglichen Höchstarbeitszeiten quasi als Arbeitszeit zu behandeln.
- 37 BetrVG im Überblick
Von besonderer Bedeutung ist der ehrenamtliche Charakter des Betriebsratsamtes, § 37 Absatz 1 BetrVG. Durch die Ausübung des Amtes soll dem Betriebsrat weder ein Nachteil, noch ein Vorteil entstehen. Das gilt auch für die Vergütung und das Arbeitszeitkonto des einzelnen Mitgliedes. Jedes Betriebsratsmitglied soll seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitszeit leisten und das individuelle arbeitsvertraglich oder tariflich festgelegte Entgelt erhalten.
Der Freistellungsanspruch für den Regelfall der Betriebsratsarbeit in der persönlichen Arbeitszeit ist in § 37 Absatz 2 BetrVG normiert. Die Freistellung ist allerdings nur gewähren, wenn und soweit dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Betriebsratsaufgaben erforderlich ist.
Auch für erbrachte Betriebsratsarbeit außerhalb der persönlichen Arbeitszeit besteht ein Anspruch auf Freistellung nach § 37 Absatz 3 BetrVG, wenn aus betriebsbedingten Gründen die Betriebsratsarbeit nicht in der persönlichen Arbeitszeit erfolgen konnte. Dies ist regelmäßig der Fall bei Betriebsratssitzungen in Betrieben mit Vollkonti-Schichtarbeit und Betriebsratsmitgliedern, die aus allen Schichten kommen. § 37 Absatz 3 Satz 3 BetrVG gewährt dann merkwürdigerweise auch eine Vergütung der Zeiten der Betriebsratsarbeit wie Mehrarbeit. Hierbei ist zu beachten, dass zugunsten des Freistellungsanspruches im Verhältnis zum Vergütungsanspruch ein strenges Rangverhältnis gilt. Nur wenn die Freistellung nicht vor Ablauf eines Monats gewährt werden kann, ist wie Mehrarbeit zu vergüten. Eine Mehrarbeitsvergütung dürfte jedoch die große Ausnahme sein. Denn dies kommt nur in Betracht, wenn die Freistellung nicht aus betriebsbedingten Gründen gewährt werden kann. Es sind viele Gründe einer Nichtgewährung denkbar, die ausschließlich auf das jeweilige Betriebsratsmitglied zurückzuführen sind. Außerdem muss die Freistellung nur binnen eines Monats gewährt werden, nicht aber genommen werden.
Fazit
Die Rechtsprechung des BAG zeigt wieder einmal ganz deutlich, dass die Rechtslage jeweils nur im Einzelfall bewertet werden kann. Das BAG hat aber auch festgestellt, dass die Betriebsratsarbeit mehr als ein normales Ehrenamt ist – vgl. Randnummer 29 der zitierten Entscheidung – und deshalb auch den besonderen Schutz des Arbeitszeitgesetzes bedarf.
Nicolas Ballerstaedt
Abteilung Mitbestimmung