Urlaub ist auch im Einzelfall eine Frage kollektiver Bedeutung – und deshalb mitbestimmungspflichtig. Bei der Frage, ob Urlaub gewährt wird, soll der Betriebsrat einen Ausgleich zwischen den Wünschen der Belegschaft nach Freizeit und den betrieblichen Interessen an der Kontinuität des Betriebsablaufs schaffen. Wichtig: Bezüglich der Frage, in welchem Umfang Urlaub zu gewähren ist, besteht kein Mitbestimmungsrecht. So entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg in einem aktuellen Fall. In dem Rechtsstreit ging es um die Frage, ob der Betriebsrat bei der Urlaubsgewährung mitzubestimmen hat.
Das war der Fall
Die Arbeitgeberin ist auf verschiedenen Gebieten der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Fortbildung von Fachkräften tätig und beschäftigt 1.300 Mitarbeiter*innen. Die Urlaubsanträge eines Mitarbeiters, der Erzieher im sozialpädagogischen Bereich an einer Schule ist, hat die Arbeitgeberin abgelehnt: 30 Tage Urlaub außerhalb der Ferien könnten nicht gewährt werden.
Der Betriebsrat vertrat die Ansicht, ihm stehe ein Mitbestimmungsrecht auch in Bezug auf die zeitliche Lage des Urlaubs einzelner Beschäftigter zu. Außerdem gehe es um konkurrierende Urlaubsansprüche in der Belegschaft. Dazu hat der Betriebsrat die Einigungsstelle angerufen, deren Zuständigkeit die Arbeitgeberin aufgrund des fehlenden Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats anzweifelte.
Das sagt das Gericht
Der Antrag auf Errichtung einer Einigungsstelle nach § 76 Abs. 2 Satz 2 und 3 BetrVG kann nach § 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG nur zurückgewiesen werden, wenn diese offensichtlich unzuständig ist. Offensichtliche Unzuständigkeit liegt vor, wenn das Mitbestimmungsrecht unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt, was hier nicht der Fall ist.
Anders als die Arbeitgeberin argumentiert, nämlich, dass der Betriebsrat nicht in jedem Einzelfall mitbestimmen dürfe, sondern eine durch besondere Merkmale abgrenzbare Gruppe betroffen sein und es damit um mindestens zwei Belegschaftsmitglieder gehen müsse, stellt das LAG Berlin-Brandenburg klar, dass das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG in jedem Einzelfall besteht. Grund für die Mitbestimmung des Betriebsrats ist das Bedürfnis nach einer kollektiven Regelung und die Gewährung des Urlaubs hat regelmäßig auch dann, wenn es um die Bewilligung für ein konkretes Belegschaftsmitglied geht, Auswirkungen nicht nur bezogen auf den konkreten Einzelfall, sondern auch auf sonstige Belegschaftsmitglieder, so das LAG. Hier kommt hinzu, dass tatsächlich ein kollektiver Bezug auch dadurch besteht, dass es der Arbeitgeberin darum geht, Urlaubswünschen generell nicht außerhalb der Ferienzeiten nachkommen zu wollen.
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Quelle
LAG Berlin-Brandenburg (24.06.2021)
Aktenzeichen 26 TaBV 785/21