Es ist schon an sich eine schlechte Idee, die betriebliche Weihnachtsfeier noch „inoffiziell“ im Weinlager des Arbeitgebers fortzusetzen. Dort auch noch mehrere Flaschen Wein aus dem Warenbestand des Arbeitgebers zu leeren und den Ort verdreckt und mit offenem Tor zurückzulassen, berechtigt den Arbeitgeber zur Kündigung – so das LAG Düsseldorf.
Darum geht es
Der Arbeitnehmer lebt in Nordrhein-Westfalen. Er war seit dem 01.06.2021 als Gebietsmanager Mitte (NRW) im Außendienst seiner Arbeitgeberin beschäftigt. Diese ist eine Winzergenossenschaft mit Sitz in Süddeutschland.
Im Januar 2023 fand dort eine (nachträgliche) Weihnachtsfeier statt. Nach der Begrüßung im Betrieb mit einem Sekt fuhren die Beschäftigten gemeinsam mit einem Bus zu einem externen Restaurant. Gegen 23:00 Uhr fuhr der Bus die Beschäftigten, die dies wollten, zurück zur firmeneigenen Kellerei, darunter war auch der Außendienstmitarbeiter.
Kellertour nach Weihnachtsfeier
Eine Fortsetzung der Weihnachtsfeier im Betrieb war nicht vorgesehen. Der Arbeitnehmer traf sich mit zwei weiteren Kollegen im ca. 500 Meter vom Betrieb entfernten Hotel, um dort eine Flasche Wein zu trinken. Danach ging er mit einem der Kollegen zurück zum Betrieb.
Später ergab sich, dass das Tor zum Betriebsgelände mit der Zutrittsberechtigungskarte des Kollegen geöffnet wurde. Im Aufenthaltsraum der Kellerei tranken beide Männer vier Flaschen Wein aus dem Lagerbestand des Arbeitgebers. Die leeren Flaschen standen am nächsten Morgen auf dem Tisch. Im Mülleimer befanden sich zahlreiche Zigarettenstummel. Auf dem Fußboden lag eine zerquetschte Mandarine, die zuvor an die Wand geworfen worden war. Einer der beiden Mitarbeiter hatte sich neben der Eingangstür erbrochen. Das Hoftor stand offen.
Der Kollege des Außendienstlers wurde am gleichen Abend auf dem Nachhauseweg von der Polizei aufgegriffen und wegen seiner starken Alkoholisierung zum Ausschluss einer Eigengefährdung nach Hause gefahren.
Arbeitgeber kündigt
Der ortsansässige Kollege räumte am 16.01.2023 gegenüber seinem Arbeitgeber ein, „etwas Scheiße gebaut“ zu haben. Er bezahlte den Wein. Daraufhin geriet auch der Arbeitgeber in Katerstimmung und kündigte beide Arbeitsverhältnisse am 25.01.2023 fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 30.04.2023.
Der Betriebsrat war angehört worden und hatte beiden Kündigungen zugestimmmt. Der Außendienstler erhob Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht Wuppertal entschied noch zu seinen Gunsten, dass eine Abmahnung ausgereicht hätte (ArbG Wuppertal, 24.03.2023 – 1 Ca 180/23).
Das sagt das Gericht
In der mündlichen Verhandlung machte die Dritte Kammer des Landesarbeitsgerichts deutlich, dass sie im Gegensatz zum Arbeitsgericht eine Abmahnung im Hinblick auf die Schwere der Pflichtverletzung nicht für ausreichend hält.
Es sei offensichtlich, dass man als Mitarbeiter nicht nach beendeter Weihnachtsfeier mit der Chipkarte des Kollegen gegen Mitternacht die Räume des Arbeitgebers betreten dürfe, um dort unbefugt vier Flaschen Wein zu konsumieren.
Es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, aus denen der Kläger habe schließen dürfen, dass die Arbeitgeberin dieses Verhalten dulden werde. Es stelle sich allenfalls die Frage, ob das Verhalten bereits eine fristlose Kündigung rechtfertige oder die Interessenabwägung zu einer ordentlichen Kündigung führe.
Auf Vorschlag des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien sich aus sozialen Gründen auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage der streitigen Kündigung mit einer sozialen Auslauffrist bis zum 28.02.2023 geeinigt.
Nach einem Medienbericht aus der mündlichen Verhandlung hat der Kläger bereits eine neue Stelle gefunden (Legal Tribune Online, 12.9.2023).
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Quelle
LAG Düsseldorf (12.09.2023)
Aktenzeichen 3 Sa 284/23
LAG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 12.9.2023