Altersdiskriminierung durch Verweigern einer Kreditkarte

Verweigert eine Kreditkartengesellschaft einem Rentner/Pensionär eine Kreditkarte, kann darin ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz liegen. Im Fall eines ehemaligen Richters am Bundesarbeitsgericht hat das Amtsgericht einen Verstoß bejaht.

Ein wahrlich skurriler Fall: Einem 88 Jahre alten Pensionär, der Jahrzehnte lang am BAG tätig war, hat das Kreditkarteninstitut die Ausstellung einer Kreditkarte verweigert. Die Begründung: »Die Prognose der Rückzahlung eines über die Karte gewährten Kredits wäre im Hinblick auf das Alter des möglichen Kunden ungünstig«. Und das, obwohl die Altersbezüge monatlich doppelt so hoch sind wie der gewünschte Kreditrahmen. Das Amtsgericht Kassel hat darin eine ungerechtfertigte Altersdiskriminierung gesehen und einen Entschädigungsanspruch in Höhe von 3.000 € festgesetzt.

Das sagt das Gericht

Im Rechtsstreit hat die Kreditkartengesellschaft bestritten, dass der Abschluss eines Kreditkartenvertrags ein Massengeschäft im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) wäre und daher kein Entschädigungsanspruch bestehe. Ferner hat sie darauf verwiesen, dass mit »zunehmenden Alter« die Gefahr des Versterbens steige und bei Rückzahlungsansprüchen aus dem Sollstand dann gegen die Erben vorgegangen werden müsste. Auch bestehe »die Gefahr einer unklaren erbrechtlichen Situation«.

All diese Argumente hat das Gericht verworfen: Der Entschädigungsanspruch besteht nach § 21 Abs. 2 Satz 3 AGG, weil eine Altersdiskriminierung vorlag.

Bei einer Kreditkarte geht es um den Zugang zu und der Versorgung mit Gütern oder Dienstleistungen, die vom Unternehmer über das Internet zum Vertragsabschluss angeboten werden. Ein Massengeschäft ist anzunehmen, weil diese Institute, wie auch die Banken, die Kreditkartenverträge jeder Person anbieten, die eine hinreichende wirtschaftliche Solvenz hat. Kreditkarten sind für die Abwicklung vieler Geschäfte des täglichen Lebens erforderlich, es handelt sich hierbei um ein allgemein übliches Zahlungsmittel. Die Gesellschaft hat unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass der Vertrag nur deshalb abgelehnt wurde, weil er zu diesem Zeitpunkt fast 88 Jahre alt war. Doch wenn der Verfügungsrahmen – hier 2.500,00 € – nicht einmal die Hälfte der Pensionszahlung monatlich beträgt, dann gibt es keinen sachlichen Grund für die Verweigerung. Nur eher ausnahmsweise könnte im Einzelfall die Abwicklung von Erbfällen etwas »problematisch« werden, dies ist aber keinesfalls die Regel und das muss als »gewisses Risiko« immer hingenommen werden. Das Risiko kann bei einem deutlich jüngeren Kreditkarteninhaber, der verstirbt, genauso eintreten und hat mit dem Alter nichts zu tun. Auch die unternehmerische Freiheit des Kreditkarteninstituts berechtigte dieses nicht dazu, lediglich wegen des (hohen) Alters den Vertrag abzulehnen.

Praxishinweis

Allein das Alter ist kein sachlicher Verweigerungsgrund einer Kreditkarte, deren Ausstellung derzeit und auch in Zukunft noch viel mehr ein Massengeschäft ist. Vermutlich kam es zur Ablehnung nur deshalb, weil entweder »rein schematisch« nur auf das Alter des Antragstellers geschaut wurde oder gar die Entscheidung unter Anwendung von KI getroffen wurde mit der Programmierung, ab welchem Alter »nein« geantwortet wird. Alles andere wäre schlichtweg nicht nachvollziehbar, da es absolut eindeutig ist, wann eine unzulässige Altersdiskriminierung bei Massenverträgen vorliegt.

Wer es auf das Verfolgen von AGG-Verstößen angelegt hätte, der hätte eine Vielzahl von Anbietern anfragen und so eine Vielzahl von Entschädigungsansprüchen erreichen können. Das Kreditkarteninstitut hätte mal besser im Vorfeld seine KI getestet.

Dr. Ewald Helml, Direktor des Arbeitsgerichts Rosenheim a.D.

Quelle

Amtsgericht Kassel (07.09.2023)
Aktenzeichen 435 C 777/23