Fehlerhafte Ladung zur Betriebsratssitzung – was dann?

In die Einladung zu einer Betriebsratssitzung gehört eine Tagesordnung. Doch was ist, wenn diese nicht alle Punkte enthält? Der Fehler lässt sich in der Sitzung heilen, wenn alle anwesenden Betriebsräte mit der neuen Tagesordnung einverstanden sind. Einer gesonderten Abstimmung bedarf es nicht – so das LAG Thüringen.

Die fehlerhafte Ladung zu einer Betriebsratssitzung kann die dort gefassten Beschlüsse unwirksam machen. Daher ist es so wichtig, dass keine Fehler passieren.

Das war der Fall

Es geht um die Einstellung einer Betriebsrats-Assistentin. Die Stelle wurde neu geschaffen. Der Betriebsrat stimmt der Einstellung zu, widerspricht allerdings der Eingruppierung. Die vorgesehene Tarifgruppe hält er für zu niedrig. Er fasst auf einer Betriebsratssitzung einen entsprechenden Beschluss.

Der Arbeitgeber bezweifelt, dass dieser Beschluss ordnungsgemäß zustande gekommen ist. Das Problem: Das Thema „Eingruppierung von Frau B.“ war nicht Gegenstand der vorab versandten Tagesordnung. Zudem haben nicht alle Betriebsratsmitglieder an der Sitzung teilgenommen. Damit sei – so der Arbeitgeber – der Beschluss des Betriebsrats nicht ordnungsgemäß zustanden gekommen. Der Arbeitgeber macht vor dem Arbeitsgericht geltend, es gelte die Zustimmungsfiktion nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG. Hilfsweise verlangt er, dass das Arbeitsgericht die Zustimmung ersetzt.

Laut der Sitzungsniederschrift hat der Betriebsrat seine Beschlüsse zu den Punkten „Einstellung von Frau B.“ und „Eingruppierung von Frau B.“ einstimmig gefasst. Der Niederschrift ist nicht zu entnehmen, dass ein Betriebsratsmitglied Einwände gegen die Erweiterung der Tagesordnung geäußert hätte.

Das sagt das Gericht

Der Beschluss des Betriebsrats ist rechtmäßig. Damit hat er der Eingruppierung wirksam widersprochen. Damit gilt hier, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung als nicht erteilt gilt. Das Gericht begründet wie folgt, warum der Beschluss des Betriebsrats rechtmäßig war:

  • Zwar war das Thema „Einstellung und Eingruppierung“ der neuen Betriebsratsassistenz nicht bereits Gegenstand der vorab den Betriebsratsmitgliedern übersandten Tagesordnung. Damit lag ein Verstoß gegen § 29 Abs. 2 BetrVG vor.
  • Allerdings kann ein solcher Fehler „geheilt“ werden, wenn der Betriebsrat beschlussfähig i.S.d. § 33 Abs. 2 BetrVG ist und die Anwesenden einstimmig beschließen, über einen Regelungsgegenstand zu beraten und abzustimmen. Dies war hier der Fall.  
  • Hierbei ist es nicht erforderlich, dass alle Betriebsratsmitglieder an der Sitzung teilnehmen.
  • Zudem ist es nicht nötig, über die Ergänzung der Tagesordnung getrennt abzustimmen. Vielmehr ist es ausreichend, dass niemand der Beschlussfassung über den neuen Tagesordnungspunkt widerspricht (BAG 15.04.2014 – 1 ABR 2/13).

Und was dann?

Der Betriebsrat hat zwar der (nach seiner Meinung zu niedrigen) Eingruppierung wirksam widersprochen. Die Arbeitnehmerin landete allerdings trotzdem in der niedrigeren Gehaltsgruppe. Denn das Gericht ersetzte die Zustimmung für diese Eingruppierung

Bedeutung für die Praxis

Fragen zur fehlerhaften oder unvollständigen Tagesordnung bei Betriebsratssitzungen tauchen öfter auf. Daher ist es wichtig zu wissen, dass es ausreicht, wenn der Betriebsrat beschlussfähig ist und alle Anwesenden (d.h. nicht alle Betriebsratsmitglieder) mit der Ergänzung einverstanden sind bzw. dass niemand widerspricht.

Noch etwas ist in diesem Zusammenhang wichtig und kann nicht oft genug betont werden: Dem Protokoll der Betriebsratssitzung (Sitzungsniederschrift, § 34 BetrVG) kommt ein hoher Beweiswert zu. Denn diese haben sich die Richter genau angeschaut und danach den Fall bewertet.

© bund-verlag.de (fro)

Quelle

LAG Thüringen (14.10.2023)
Aktenzeichen 1 TaBV 25/21

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