Diebstahl beim Arbeitgeber

Diebstahl beim Arbeitgeber berechtigt zum Rauswurf

Nimmt ein Mitarbeiter ohne Erlaubnis zwei Silikontuben aus einer Schreinerei mit, rechtfertigt dies die Kündigung. Er kann nicht anführen, der Arbeitgeber habe dies geduldet, es habe nur kein geordnetes Verfahren gegeben. Der Mitarbeiter muss zumindest darlegen, wann und wie er die Erlaubnis erhalten hat – so das LAG Thüringen.

Das war der Fall

Der Arbeitnehmer war seit März 1999 als Schreiner beschäftigt. Im Mai 2011 erhielt er eine Abmahnung, da die Ehefrau des Arbeitgebers bei einer Taschenkontrolle verschiedene Holzteile bei dem Arbeitnehmer gefunden hatte. Dem Arbeitnehmer wurde für den Wiederholungsfall mit einer fristlosen Kündigung gedroht.

Im Betrieb war es üblich, dass die Mitarbeiter/innen Material mitnehmen konnten, allerdings gab es dazu keinen geregelten Ablauf und keine Dokumentation. Mal sollte man Geld in die Kaffeekasse legen, mal sollten formlose Zettel über das mitgenommene Material geschrieben werden.

Im September 2018 bat der Arbeitnehmer einen Arbeitskollegen um zwei Silikontuben. Als der Arbeitgeber davon erfuhr, führte seine Ehefrau am Nachmittag eine Taschenkontrolle durch und fand dabei im Rucksack des Arbeitnehmers Holzteile sowie auf Nachfrage – in einem weiteren verschlossenen Fach des Rucksacks – die zwei Silikontuben.

Daraufhin kündigte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer fristlos. Die dagegen gerichtete Klage des Arbeitnehmers wies das Arbeitsgericht Suhl ab. Die Berufung gegen das Urteil hat das LAG Thüringen zurückgewiesen.

Das sagt das Gericht

Die fristlose Kündigung ist wirksam, da ein wichtiger Grund vorliegt, der es dem Arbeitgeber bei Abwägung aller Interessen unzumutbar macht, den Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen (§626 Abs. 1 BGB).

Wichtiger Grund

Der wichtige Grund ist die ohne Einverständnis und ohne Bezahlung erfolgte Mitnahme der beiden Silikontuben. Der Arbeitnehmer rechtfertigt sich zwar damit, dass es grundsätzlich gestattet war, Material aus der Schreinerei mitzunehmen, macht aber dazu widersprüchliche Angaben. Denn zum Teil gäbe es hierfür eine „Zettelwirtschaft“ oder die „schwarze“ Kaffeekasse oder der Arbeitgeber wolle zumindest Bescheid wissen („Zuruf“). Wenn der Arbeitnehmer aber behaupte, es habe keine klare Regelung für die Materialmitnahme gegeben, dann kann es auch keine klare Regelung für deren Gestattung gegeben haben, so das LAG.

Beweislast

Die Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes trägt grundsätzlich der Arbeitgeber. Das gilt auch für das Widerlegen der Rechtfertigungsgründe. Die Rechtfertigungsgründe wiederum muss der Arbeitnehmer mit seinem Sachvortrag aber so genau darlegen, dass der Arbeitgeber dieses auch widerlegen und beweisen kann. Da die Angaben des Arbeitnehmers aber sehr widersprüchlich seien, trage der Arbeitgeber hier keine Beweislast, so das LAG.

Interessenabwägung

Für den Arbeitnehmer spricht das Organisationsverschulden des Arbeitgebers, da es keine klaren Regelungen zur Materialmitnahme gab. Allerdings war dem Arbeitnehmer bekannt, dass der Arbeitgeber zumindest über die Mitnahme informiert werden wollte und in der Vergangenheit schon Abmahnungen – auch einer anderen Mitarbeiterin – erfolgt sind.

Abmahnung

Eine Abmahnung als milderes Mittel hat das LAG nicht für erforderlich gehalten. Denn sie hätte nicht verhindert, dass der Arbeitnehmer in Zukunft weiter Material entwendet hätte, so das LAG. Der Arbeitnehmer war sich seiner Pflichtverletzung bewusst (Verstecken der Silikontuben im Rucksack). Zudem hatte er schon vor Jahren eine einschlägige Abmahnung erhalten.  Er habe sie sich nicht als Warnung dienen lassen.

Hinweis für die Praxis

Die Mitnahme von Material aus dem Betrieb ist kein Kavaliersdelikt, auch wenn die Handhabung im Betrieb unklar ist. Bei einem Diebstahl ist nicht zwingend eine Abmahnung erforderlich, wenn eine Verhaltensänderung in der Zukunft nicht zu erwarten ist.

© bund-verlag.de (kh)

Quelle

LAG Thüringen (19.04.2023)
Aktenzeichen 4 Sa 287/21

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