Ein Betriebsrat kann aufgelöst werden, wenn das Gremium schwerwiegend gegen seine Pflichten verstößt. Das Gericht nimmt dafür eine Gesamtschau der nachweisbaren Verstöße vor. Eine Auflösung begründen können auch Datenschutzverletzungen und übermäßige Freistellungen – so das Arbeitsgericht Elmshorn.
Darum geht es
Die Arbeitgeberin ist eine kommunale Verkehrsgesellschaft in privater Rechtsform. Sie beschäftigt 168 Mitarbeiter. Bei ihr ist ein Betriebsrat mit sieben Mitgliedern gebildet.
Dessen Auflösung beantragten mehr als ein Viertel der Belegschaft sowie die Arbeitgeberin beim Arbeitsgericht und waren damit erfolgreich.
Das sagt das Gericht
Auch wenn einzelne Verstöße zwar für sich genommen noch keine Auflösung rechtfertigen, kann sich aus der Gesamtschau mehrerer Gesetzesverstöße die Untragbarkeit der weiteren Amtsausübung ergeben.
Das Arbeitsgericht (ArbG) Elmshorn beschloss die Auflösung des Betriebsrats und begründete die Auflösung mit der Zusammenschau diverser Pflichtverletzungen:
Missbräuchliche Freistellungen
- Der Betriebsrat nimmt für seine Betriebsratsarbeit bezahlte Freistellungen im Gesamtumfang von mehr als drei Vollzeitstellen in Anspruch, was nach der Gesetzessystematik erst für eine Betriebsgröße von 901 bis 1500 Mitarbeiter vorgesehen ist.
- Drei bzw. fünf Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten binnen zwölf Monaten rechtfertigten es nicht, die Dienstplänen im Umfang von mehreren Tagen in der Woche durch diverse Betriebsratsmitglieder zu kontrollieren. Dies entspräche der faktischen Freistellung in der Größenordnung von mindestens einer Vollzeitstelle.
- Der Betriebsrat bearbeite und prüfe eingegangene Urlaubsanträge, obwohl ein Streit hierüber zwischen der Arbeitgeberin und den beteiligten Arbeitnehmern nicht ersichtlich ist.
- Zudem habe das Gremium bei seinen Ankündigungen von Betriebsratsarbeit durchgehend ungenügende Zeitangaben gemacht, sodass die Mitglieder für den ganzen Tag ausgeplant werden mussten.
Verhalten vor Gericht
- Der Großteil des Gremiums habe an einer Gerichtsverhandlung sowie einer Betriebsratssitzung nebst Vorbesprechung im Gericht teilgenommen, angezeigt wäre allein die Teilnahme des Vorsitzenden gewesen.
- Zudem habe sich der Betriebsrat in einem Eilverfahren vor Gericht auf eine falsche Versicherung an Eides Statt berufen.
Datenschutzverstöße:
- Ferner habe das Gremium auf einer Betriebsratsversammlung Gesundheitsdaten von Mitarbeitern weitergegeben.
- Daneben führe der Betriebsrat quasi doppelte Personalakten, indem das Gremium alle Dienstpläne, Krankheitsmitteilungen und Urlaubsanträge ausdruckt und in eigenen Aktenordnern ablegt.
- Der Zweck dieser Speicherung sei mehr als zweifelhaft. Auch der Betriebsrat ist grundsätzlich zur sog. Datensparsamkeit angehalten.
Verstöße gegen die vertrauensvolle Zusammenarbeit
- Im Übrigen verstoße es gegen § 43 Abs. 2 BetrVG, den Geschäftsführer der Arbeitgeberin und weitere Personen der Leitungsebene von der Teilnahme an den Betriebsversammlungen auszuschließen. Maßgeblich ist schon das Ansinnen, den Geschäftsführer von der Teilnahme abhalten zu wollen.
- Schließlich verstoße der Betriebsrat gegen § 39 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, wenn er Sprechstunden durchführt, ohne sich vorher mit der Arbeitgeberin auf Zeit und Ort geeinigt zu haben.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Eine Beschwerde ist beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein unter dem Aktenzeichen 5 TaBV 16/23 anhängig.
Hinweis für die Praxis
Das Arbeitsgericht kann einen Betriebsrat gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG auf Antrag auflösen, wenn das Gremium objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend gegen seine gesetzlichen Pflichten verstoßen hat. Den Antrag können stellen:
- ein Viertel der wahllberechtigten Arbeitnehmer,
- der Arbeitgeber,
- eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft.
In diesem Fall hat das Arbeitsgericht offenbar gleich eine ganze Reihe Anhaltspunkte für Pflichtverstöße gefunden; auch Datenschutzverstöße wie gegen das Gebot der Datensparsamkeit oder den besonderen Schutz von Gesundheitsdaten können die Auflösung rechtfertigen.
Ob die zur Last gelegten Verstöße tatsächlich passiert und hinreichend gravierend für eine Auflösung sind, wird nun mit dem LAG Schleswig-Holstein noch eine weitere Instanz prüfen.
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