Stellt ein Arbeitgeber einen Beschäftigten erneut befristet ein, kann dieser nicht auf eine unbefristete Stelle klagen, wenn das frühere Arbeitsverhältnis schon 22 Jahre zurückliegt. Das Verbot der wiederholten Befristung ohne Sachgrund gilt in solchen Fällen nicht – so das BAG.
Darum ging es:
Die Arbeitnehmerin war zwischen 1991 und 1992 als Hilfsbearbeiterin für Kindergeld beschäftigt. Am 15.10.2014 stellte die Arbeitgeberin sie erneut befristet ein, diesmal als Telefonserviceberaterin in ihrem Servicecenter. Das Arbeitsverhältnis wurde bis zum 30.11.2015 sachgrundlos befristet und bis zum 30.6.2016 verlängert.
Die Arbeitnehmerin will feststellen lassen, dass ihr Arbeitsverhältnis unbefristet fortbesteht, weil die Befristung rechtswidrig war. Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat ihrer Klage stattgegeben (LAG Schleswig-Holstein 27.7.2017 – 4 Sa 221/16).
Streit um das Vorbeschäftigungsverbot
Ein Arbeitsverhältnis darf nur ausnahmsweise ohne sachlichen Grund befristet werden, höchstens für eine Dauer von zwei Jahren (§ 14 Abs. 2 TzBfG). Einen schon einmal angestellten Arbeitnehmer erneut befristet anzustellen, ist unzulässig (§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG). Verstößt eine Befristung gegen dieses Verbot, kann der Arbeitnehmer auf Feststellung klagen, dass zwischen ihm und dem Arbeitgeber ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.
Die zeitliche Reichweite des »Vorbeschäftigungsverbots« ist umstritten. 2011 entschied das Bundesarbeitsgericht, dass das Verbot nur Beschäftigungen umfassen soll, die bis zu drei Jahre zurückliegen. Dieses Urteil stieß auf Kritik. Mehrere Gerichte widersprachen dieser Auslegung, so auch das LAG Schleswig-Holstein im vorliegenden Fall. 2018 verwarf das Bundesverfassungsgericht die »Drei-Jahres-Grenze« ausdrücklich.
Das sagt das BAG
Das BAG entschied allerdings im Sinne der Arbeitgeberin und hob das Urteil des LAG Schleswig-Holstein auf.
Nach dem Gesetzeswortlaut in § 14 Abs. 2 Satz TzBfG ist es unerheblich, wie lange die frühere Beschäftigung zurückliegt. Allerdings hat das BVerfG entschieden, dass die Arbeitsgerichte den Befristungsschutz verfassungskonform auslegen müssen. Dabei müssen sie das Ziel beachten, Arbeitnehmer vor Kettenbefristungen und prekärer Beschäftigung zu schützen.
Danach dürfen Vorbeschäftigungen außer Betracht bleiben, wenn das Verbot der erneuten befristeten Befristung für beide Seiten, also Arbeitgeber und Arbeitnehmer, unzumutbar wäre. Dies sei etwa der Fall, wenn die frühere Beschäftigung sehr lange zurückliegt (BVerfG 6.6.2018 – 1 BvL 7/14 und 1 BvR 1375/14).
Um einen solchen Fall handelt es sich auch hier. Die Vorbeschäftigung der Arbeitnehmerin lag bei ihrer erneuten Einstellung 22 Jahre zurück. Es liege auch kein Grund vor, das Verbot wegen besonderer Umstände dennoch anzuwenden, befand das BAG.
© bund-verlag.de (ck)
Quelle
BAG (21.08.2019)
Aktenzeichen 7 AZR 452/17
BAG, Pressemitteilung vom 21.8.2019
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