Datenschutz - Überwachung des Mutterschutzgesetzes

Namentliche Mitteilung der Schwangeren an den Betriebsrat ist Pflicht!

Datenschutz wird mittlerweile im öfter gegen den Betriebsrat eingesetzt. Auch in einem von uns betreuten Betrieb ist dies bereits vorgekommen. Der Arbeitgeber will mit Blick auf Compliance und den zuständigen Landesbeauftragten für den Datenschutz dem Betriebsrat nicht die Namen der Schwangeren mitteilen, es sei denn, dass sie der Mitteilung an den Betriebsrat nicht innerhalb von zwei Wochen widersprechen.

Machen wir uns nichts vor! Das ist Mitbestimmung, die unter die Disposition Einzelner gestellt wird. Das sollte aus Sicht der Betriebsräte und auch aus Sicht des Arbeitsschutzes abgelehnt werden, denn es handelt sich um einen Angriff auf die Mitbestimmung.

Auch das LAG München sieht es so, dass der Betriebsrat ohne den Namen der Schwangeren seinen Aufgaben zum Schutz der Schwangeren und zum Arbeitsschutz (Anpassung der Gefährdungsbeurteilung MuSchV) nicht in erforderlichem Umfang wahrnehmen kann. Insofern kann man die Entscheidung durchweg begrüßen. Der Betriebsrat ist in Bezug auf den Datenschutz kein Dritter und deshalb im inneren Kreis der Informationen. Beschäftigte müssen nicht vor dem Betriebsrat geschützt werden.

Sachverhalt:

Im konkreten Fall stritten die Parteien darum, ob der Arbeitgeber dem Betriebsrat Schwangerschaften „namentlich“ mitteilen müsse. Im Betrieb wurde im Falle einer Schwangerschaft die Betroffene in einem Musteranschreiben auf Folgendes hingewiesen: „Sollten wir bis (2-Wochen-First) von Ihnen keine Rückmeldung erhalten, werden wir den Betriebsrat über Ihre Schwangerschaft und die damit verbundenen Mutter-Schutzfristen informieren.“

Im Falle eines Widerspruchs würde der Betriebsrat dann nicht über die Schwangerschaft informiert. Eine Information erfolge allenfalls, wenn sich im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass ein § 99 BetrVG-Verfahren eingeleitet werden muss. Der Betriebsrat verlangte namentliche Unterrichtung über die Schwangerschaften im Betrieb. Das Arbeitsgericht München bejahte den Informationsanspruch aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BetrVG.

Entscheidung:

Auch das LAG München bejaht den Informationsanspruch und wies die Beschwerde des Arbeitgebers damit als unbegründet ab.

Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und auf Verlangen die zur Durchführung der Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Der Betriebsrat hat dementsprechend einen Anspruch auf die zur Aufgabenwahrnehmung erforderlichen Informationen. Dafür ist wichtig, dass überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrates gegeben ist und die Information zur Wahrnehmung erforderlich ist. Aufgabe ist hier die Überwachung des Mutterschutzgesetzes.

Wichtige Aussagen des Landesarbeitsgerichts München:

  • Der Schutz des Persönlichkeitsrechts und die informationelle Selbstbestimmung schränken weder die Aufgabe des Betriebsrates ein, noch fehlt es an der Erforderlichkeit der namentlichen Nennung für die Wahrnehmung der Aufgabe.
  • Insbesondere ist es nicht im gleichen Maße wirksam und weniger eingreifend, wenn die Aufsichtsbehörde, die Überwachungsaufgaben übernimmt.
  • Aufgaben des Betriebsrates stehen nicht zur Disposition des Arbeitnehmers. Eine Einwilligung ist nicht erforderlich bzw. ein Widerspruch nicht maßgeblich.
  • Aufgaben des Betriebsrates können nicht vollumfänglich von Aufsichtsbehörden übernommen werden. Sie sind außenstehend und ihr fehlen der innerbetriebliche Blick. Gerade deswegen sieht § 89 BetrVG vor, dass die Behörde vom Betriebsrat (Pflicht des Betriebsrates) unterstützt wird.
  • Eine Information nur über die Abteilung oder allgemeine Beschreibung des Arbeitsplatzes reicht nicht aus, denn gerade die Konstitution der Schwangeren oder ihre persönlichen Verhältnisse sind entscheidend. Es geht hierbei nicht nur um die Schwangere, sondern auch um den Blick auf die  Beschäftigten, die mit der Schwangeren zusammenarbeiten.
  • Der Schutz des Persönlichkeitsrechts besteht nicht schrankenlos und hier muss abgewogen werden. Die Mitteilung des Namens ist verhältnismäßig.
  • Das Datenschutzrecht steht der Information des Betriebsrates nicht entgegen. Der Betriebsrat ist nicht Dritter, sondern Teil der verantwortlichen Stelle und die Übermittlung ist gemäß § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG zulässig. Denn es ist zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung rechtlicher Ansprüche erforderlich und es besteht kein Grund zur Annahme, dass das schutzwürdige Interesse der Betroffenen an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung überwiegt. Hier ist besonders zu berücksichtigen, dass das Informationsrecht gerade dem Schutz der Arbeitnehmerinnen dient.
  • Der Betriebsrat unterliegt den datenschutzrechtlichen Vorschriften und § 5 BDSG sowie auch den Verschwiegenheitspflichten des § 79 BetrVG.
  • Die Entscheidung zum Personalvertretungsrecht des Bundesverwaltungsgericht steht dem nicht entgegen, denn das BAG sieht eine verschärfte Überwachungspflicht für den Betriebsrat.
  • Der Mitteilung des Betriebsrates steht auch § 5 Abs. 1 Satz 4 MuSchG (Dritten gegenüber darf die Mitteilung der werdenden Mutter nicht unbefugt bekanntgegeben werden.) nicht entgegen. Der Betriebsrat ist nicht Dritter.
  • Auch § 2 MuSchArbV spricht dafür, dass eine namentliche Mitteilung an den Betriebsrat erfolgen darf, genauso wie die Gefährdungsbeurteilung. Die Mutterschutzverordnung (MuSchArbV) sieht nämlich vor, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, zweierlei zu tun: Erstens eine generelle mutterschutzrechliche Gefährdungsbeurteilung zu erstellen und eine individuelle Gefährdungsbeurteilung im Falle der konkreten Schwangerschaftsanzeige.

Autorin:
Isabel Eder, Abt. Mitbestimmung

Quelle:
LAG München 27.9.2017, Az.: 11 TaBV 36/17

Isabel Eder
Abteilung Mitbestimmung

 

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