Ist betriebliche Mitbestimmung selbstverständlich? Für uns in Deutschland ist sie es! Doch der Weg bis hin zu einer gesetzlich verankerten betrieblichen Mitbestimmung ist keineswegs selbstverständlich, geschweige denn einfach gewesen. So wird weitestgehend vergessen, unter welchen Gefahren und Opfern sie in Zeiten der Weimarer Republik von Arbeiter*innen erstritten wurde. Das Datum 4. Februar wurde gewählt, da an diesem Tag 1920 das erste deutsche Betriebsrätegesetz in Kraft trat.
Bekannt wurde der Gesetzesentwurf im Mai 1919. Die Verhandlungen um den Entwurf waren geprägt von Demonstrationen voller Gewalt und mündeten in der blutigsten Demonstration in der deutschen Geschichte, dem sogenannten „blutigen Dienstag“ am 13. Januar 1920. Im Zuge dessen mobilisierten sich über 100.000 Arbeiter*innen von AEG, Siemens, Daimler, Knorr-Bremse und anderen Großbetrieben, um vor dem Reichstag zu demonstrieren. Die mit dem Schutz des Reichstages beauftragte Sicherheitspolizei verlor die Beherrschung, nachdem die Lage nach mehreren Reden vor den Arbeiter*innen zu eskalieren drohte und schoss mit Gewehren und Maschinengewehren in die Menge. So kamen je nach Quelle zwischen 20 bis 42 Menschen ums Leben und rund 100 wurden verletzt. Die parallel dazu laufende Reichstagsdebatte wurde daraufhin abgebrochen und der Ausnahmezustand verhängt.
Am 18. Januar 1920 wurde durch die Nationalversammlung das Betriebsrätegesetz verabschiedet und damit das Fundament für die heutige Mitbestimmung in Deutschland geschaffen. Das Betriebsrätegesetz basiert auf der Überzeugung, an eine mündige und selbstbewusste Arbeiterschaft. Aus bis dato Industrie-Untertanen wurden Industrie-Bürger, welche bei der Ausgestaltung ihrer Arbeitsbedingungen partizipieren konnten.
Im Jahr 1952 wurde durch den deutschen Bundestag gegen den immensen Widerstand der Arbeitgeber das Betriebsverfassungsgesetz beschlossen. Als sich daraufhin die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in Deutschland verbesserten, wurden im Jahr 1972 die Beteiligungsrechte für den Betriebsrat in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Begebenheiten noch einmal vergrößert.
Im internationalen Vergleich hat Deutschland damit heute eine sehr ausgeprägte Mitbestimmung, die den Unternehmen zwar einerseits Kosten verursacht, aber anderseits auch viele wissenschaftlich belegbare Vorteile mit sich bringt. So manifestieren unterschiedliche Untersuchungen, dass Unternehmen mit aktiven Betriebsräten krisenfester sind, geringe fluktuationsbedingte Knowhow-Abgänge und bessere Arbeitsunfallstatistiken aufweisen. Das damals Erkämpfte muss trotzdem heute immer wieder verteidigt werden und so sollten wir uns erinnern, dass nichts selbstverständlich ist.